Wer sie waren
Im Mai 1776 gründete Adam Weishaupt mit einer Gruppe seiner Studenten die Organisation aus der zwei Jahre später der Illuminatenorden hervorgehen sollte. Noch firmierte man unter dem geheimen Namen der Perfectibilisten, doch Frontstellungen waren bereits ausgemacht: Rosenkreuzer und Jesuiten unterhielten konkurrierende Netzwerke. Die Karriere des Ordens begann zwei Jahre später mit der Umbenennung und dem Schritt in die Freimaurerei als das größere Umfeld, das der „Orden“ zu infiltrieren begann. Technisch gesehen etablierte sich hier ein Hochgradsystem in geschickter Umklammerung lokaler Logen: Vom Orden aus würde man eine dreistufige Pflanzschule betreiben und über diese eigene jugendliche Mitglieder in lokale Logen einschleusen. Nach deren drei Graden würde die Aufnahme in die höheren illuminatischen Weihen anstehen – insgesamt entstand binnen weniger Jahre ein zwölfstufiges Gradsystem, mit dem man Logen von zwei Seiten umschloss: von unten, indem man eigenen Nachwuchs in sie hineinspielte, von oben, in dem man sich in höheren Rängen intern und geheim traf um freimaurerische und illuminatische Politik in einem zu betreiben.
Das Projekt war erfolgreich: Ersten Minervalkirchen in Ingolstadt, München und Eichstädt folgten einflussreiche Stützpunkte im Rhein-Maingebiet und ein wachsender Einfluss bis in den norddeutschen Raum. Weishaupt hatte einen kongenialen Partner in Adolph von Knigge gefunden, der die Freimaurerei mitten im Zusammenbruch der Strikten Observanz für den Orden erschloss – was auf die Hochphase 1782/83 folgte war dann jedoch ein rapider Zusammenbruch: Zwischen Weishaupt und Knigge kam es zu Spannungen über die Expansionspolitik wie die Rolle der Freimaurerei im Gefüge. Hochrangige Mitglieder des auf 1250 Köpfe anwachsenden Gefüges stellten die Machtfrage und drängten Weishaupt argumentativ in die Defensive, bevor im Kernland, Bayern die Verbote einsetzten – hier bereitete man dem Orden von 1784 bis 1787 in sukzessiven Schritten ein Ende.
Theoretisch hätte der Orden dieses Ende überleben können. Verbote in Bayern waren in anderen Territorien nicht weiter bindend, ja sie warben heimlich für die Organisation. Nicht zu verkraften war die schlichte Entdeckung der Organisation. In der geheimen Infiltration von Organisationen lag das Potential des Ordens. Geheimen Grade, die zu erwerben waren, waren die Ware mit der man Mitglieder an sich band. Adam Weishaupt verabschiedete sich noch 1786 vom eigenen Projekt mit apologetischen Publikationen insbesondere der Gradtexte inmitten der Pressenachrichten, die der Orden auf sich zog.1787 setzte der bayerische Staat mit den härteren Publikationen konfiszierter Materialien nach, die Weishaupt persönlich demontierten.
Der Orden hatte im Geschiebe dieser Entwicklungen seit 1783 sein Zentrum verlagert: Knigge hatte Ende 1782 mit Johann Joachim Christoph Bode einen der interessantesten Akteure der Strikten Observanz für den Orden gewonnen. Ab 1783 baute Bode von Weimar aus eine Musterprovinz eigenen Schlages auf mit Ernst II von Gotha-Sachsen-Altenburg als formalem Haupt, der diese Arbeit unangreifbar machte und Weishaupt schließlich ein Exil der weiteren Wirkungslosigkeit gewährte.
Spielte Bode noch Ende 1786/87 mit der Idee, den Orden als Reformprojekt der Freimaurerei neu aufzuziehen, so wurde er am Ende, 1787 von einer Parisreise heimkehrend, von der Welle der den Orden auseinandernehmenden Publizistik umgestimmt: Die Ära der Illuminaten endete, so Bodes Erkenntnis 1788. Ernst II. kaufte Bode im März 1788 das Archiv des Illuminatemordens ab um allen Gedanken weiterer Veröffentlichungen von Ordenspapieren ein Ende zu bereiten, Bode wandte sich Projekten einer öffentlicheren Neuorganisation der Freimaurerei zu, im Dezember 1793 starb er, zu einem Zeitpunkt da Logen allerorten schlossen und Staaten sich gegen revolutionäre Umtriebe zu schützen begannen, wie sie in Geheimgesellschaften theoretisch unvermerkt formulierbar waren. Der Illuminatenorden hatte weit weniger konkret über eine Verbesserung der Menschheit nachgedacht.