Gedanken zum Design modularer Lebensläufe – inspiriert durch Magnus Manskes Reasonator

An welchem Tag genau brach Ernst II. 1786 nach Nizza auf? Als Historiker sucht man immer wieder Antworten auf solche spezifischen Fragen, da sich mit ihnen eingehendere Klärungen ergeben (etwa wenn man Dokumente des Umfelds aus den fraglichen Wochen genauer zu verstehen sucht).

Der Wikipedia-Artikel zu Ernst II. wird kein Ort für die Antwort in der gesuchten Präzision – sie ist “enzyklopädisch nicht irrelevant”. Größere Bücher müssen die Information nicht anbieten – sie beantworten größere Fragen in narrativen Bögen.

Was man sich als Historiker in solchen Situationen wünscht, ist eine ganz andere Form von Informationsquelle. Magnus Manskes Wikidata Reasonator nähert sich diesem Ideal an. Man wünschte sich eine Form tabellarischer Lebensläufe, die unter unterschiedlichen Themen beliebig detailliert Auskunft geben.

Die automatisch generierte Seite zu Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg aus dem Wikidata Reasonator https://tools.wmflabs.org/reasonator/?&q=213698

Das Datenblatt hat einen Kopf mit Eckdaten für die rasche Identifikation: Geschlecht, geboren wann? wo? Sterbedaten, Beruf oder Position, gegebenenfalls zwei zentrale Werke.

Danach sollten Themenblöcke so folgen wie in einem modernen professionellen tabellarischen Lebenslauf. Der Historiker wird dabei keine irrelevanten Details kennen (Informationen können statistisch interessant werden). Standardformulierungen und Tabellenansichten wird man gegenüber kontrovers formulierten Absätzen schätzen, da sie schnellen Überblick verschaffen. Themenblöcke sind dabei:

  1. Genealogische Beziehungen
  2. Ausbildungsstationen
  3. Qualifikationen
  4. Wohnorte
  5. Arbeitsverhältnisse
  6. Mitgliedschaften
  7. Nachgewiesene Aufenthalte (Reisen, militärische Stationierungen etc.)
  8. Begegnungen/ Bekanntschaften (Wohnung, Arbeit, Besuche auf Reisen, Konferenzen etc.)
  9. Korrespondenzen
  10. Werke

Im Interesse an der Übersichtlichkeit wird man bei längeren Listen die Vollanzeige auf Wunsch anbieten.

Um Standardisierungen bei der Eingabe zu gewährleisten (und am Ende statistische Auswertungen zu ermöglichen), wird man hier mit modularen Eingabeschablonen arbeiten. Diese werden problemspezifisch zu gestalten sein: Die Mitgliedschaft im Illuminatenorden zeiht ganz andere Fragen nach sich als etwa eine Parteimitgliedschaft. Illuminaten werden von einem Illuminaten vorgeschlagen, sie müssen ab dem dritten Grad Freimaurer sein – was ist die Loge? Sie werden einer Minervalkirche angebunden und können eine Ordenskarriere in einem festen Schema von Graduierungen durchlaufen und dabei bestimmte Ordenspositionen einnehmen. Der Entwurf für eine derartige Schablone gesondert hier. Dasselbe trifft auf Arbeitsverhältnisse zu: Eine militärische Position zieht Fragen nach Rang und Regiment nach sich, eine universitäre nach Universität, Lehrstuhl, Position und Tätigkeit. Man wird Platz schaffen für Angaben zum Gehalt und für eingehendere Ortsangaben, von denen sich lokale Netzwerke ableiten lassen.

Schablonen werden häufig nur rudimentär ausgefüllt sein und Raum für Quellenangaben bieten.

Spannend wird es, wenn statistische Abfragen möglich werden: Welche Altersstruktur hat der Illuminatenorden wann auf welchen Hierarchie-Ebenen? Welche soziale oder berufliche Zusammensetzung haben die Mitglieder? Wie vollzieht sich die Ausbreitung des Ordens auf der Landkarte?

Arbeitssparend wäre es, wenn das System im Verlauf mitzudenken lernt: Die Liste aller Korrespondenzen beantwortet einen Teil der Frage nach Bekanntschaften. Aus einer Information über die berufliche Anstellung ergeben sich weitere Informationen über Bekanntschaften – etwa eines Dozenten zu Studenten, eines Musikers zu anderen Musikern in verschiedenen Orchestern.

Siehe auch

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