Dem letzten Kopfzerbrechen sehr ähnlich ist dieses: Viele Bücher der (frühen) Neuzeit enthalten Subskribentenlisten. Der Verleger sichert die Publikation ab, indem er vorab um eine Meldung aller Interessenten am kommenden Buch bittet. Sie erhalten das Buch zu günstigeren Konditionen; der Verleger kann sich im selben Moment seines Absatzes sicher sein.
- Suche im GVK nach Subskribentenlisten: https://gso.gbv.de/DB=2.1/SET=2/TTL=1/MAT=/NOMAT=T/CMD?ACT=SRCHA&IKT=5040&TRM=Subskribentenliste
In vielen Büchern des 18. Jahrhunderts sind diese Listen am Ende abgedruckt. Es sind spannende Listen, da wir hiermit für eine ganze Zahl von Büchern – theoretisch – sehr genau wissen, wer sie in der ersten Welle las. Unten inseriere ich die Subsriptionsliste aus Thomas Lediards Grammatica Anglicana (Hamburg: Kißnerscher Buchladen, 1725). Für die nächsten Jahre wurde dies das beste Englischlehrwerk auf dem deutschen Markt.
Wer glaubt, Bücher werden damals nur von hohen Standespersonen gelesen, irrt. Diese machen als abgesetzter Zirkel den Anfang. Es folgen alphabetisch die übrigen Leser: gute 180 Namen, oft mit Vornamen, mit Angaben der Bestellmengen, zuweilen mit Angaben des Berufs.
„Hr. Cantor Tellemann“ ist natürlich der in Hamburg ansässige Georg Philipp Telemann – 1725 demnach begierig, Englisch zu lernen,doch brauchte er dafür gleich drei Exemplare? Hr. Dr. Fabricius wird Johann Albert Fabricius sein, „Mr. Secretary Mattheson“ der Sekretär und Korrespondent des englischen Gesandten, Komponist und Musikkritiker – Johann Mattheson, verheiratet mit einer Engländerin und 1742 der Übersetzer der Pamela ins Deutsche.
Das Auflösen der Namen mit dem individuellen Namensvorrat des Historikers ist müßig. Man müsste die Namen mit Datenbanken abgleichen. Die Eröffnung gibt an, dass alle Genannten sich in Hamburg erreichen ließen. Das ist sowohl eine interessante Beobachtung für den, der sich fragt, wie 1725 Subskriptionen zustande kommen (demnach primär über die Werbung vor Ort), wie eine Hilfe beim Abgleich mit Wikidata und der GND. Die Lage sieht in späteren Listen komplexer aus.
Man würde definitiv die gesamte Liste eingeben. Erst mit ihr weiß man, wie viele Subskribenten es gab, und kann Vergleiche mit anderen Subskriptionsprojekten ziehen.
Es wäre interessant, Namen mit den geringen Informationen, die man hat, einzufüllen und auf die schrittweise Identifikation zu warten, auf die Anreicherung von Information. Man wünschte sich eine Schablone für Subskriptionslisten, um beim Eingeben nicht unnötig viele Parameter berücksichtigen zu müssen, und würde in einem zweiten Lauf, die Datenbank bitten, mögliche Treffer zu nennen.
Im Verlauf könnte man vielleicht soziologische Querschnitte geben. Wie alt ist man, wenn man 1725 in Hamburg Englisch lernt? Wie viele Engländer (sind diese nebenbei Sprachlehrer?), wie viele Deutsche spricht das Buch an? In welchen Berufszweigen lernt man die Fremdsprache, die in den nächsten 200 Jahren die globale Lingua Franca wird?