Zwischenbericht nach erstem Gedankenaustausch

Nach dem ersten gemeinsamen Brainstorming zwischen Wikimedia-Vertretern und den Vertretern des Forschungszentrums aus dem bisherigen Illuminatenprojekt am 27. März 2017 in Berlin einige Konkretisierungen:

1| Können Wissenschaftler in der Kooperation mit Wikimedia mit einer Creative Commons Lizenzierung auskommen?

Ja. Bei wissenschaftlichen Büchern mag sie zwar ein Problem sein, da hier Übersetzungsrechte tangiert sind. Bei Veröffentlichungen von Fakten aus einer Datenbank ist CC3.0 jedoch durchaus komfortabel und das, was Wissenschaftler überhaupt bestenfalls erwarten können: Ihre Ergebnisse dürfen frei benutzt werden, solange sie, wie von ihnen vorgegeben, zitiert werden. Wikimedia kann zwar nicht garantieren, dass Nachnutzer diese Vereinbarung achten; das jedoch ist das generelle Problem aller wissenschaftlichen Arbeit.

Entscheidend wird an dieser Stelle sein, dass Datenbankeinträge, „original research“ als solche zitierbar machen. (Siehe hier eingehender zu Faktenbelegen, die Original Research” zulassen.)

Für Wikidata müsste es interessant sein, eine solche Zitation für “orginal research” zu bekommen. Im Idealfall müsste sie Fußnoten generieren können, die sich in Wikipedia-Artikeln hinter Informationen wie etwa Angaben von Geburts- und Sterbedaten setzen lassen.

2| Lässt sich die Kooperation bereits mit dem bisherigen Stand der Wikidata-Technik realisieren?

Soweit ersichtlich kann das Wikidata WikiBase in Kooperation mit dem Reasonator alles, was das FactGrid auf Anhieb leisten soll.

Die zentralen Schwierigkeiten liegen im Moment beim fehlenden Query-Service. Die WikiBase Technologie spielt zwar im Moment schon Informationen in die Wikipedia Info-Boxen ein. Sie kann dies jedoch nur, da sie hier Tabellen bedient, in denen Zeile um Zeile eine spezifische Frage gestellt ist, die einen einzelnen Datenbank-Eintrag einholt. (Wann ist Adam Weishaupt geboren? – Aus der Datenbank wird das Datum eingespielt.)

Was dagegen derzeit noch nicht so einfach funktioniert, ist die Datenbankabfrage, bei der Tabellen aus dem gesamten Bestand generiert werden.

Wir könnten so Listen generieren wie diese der Illuminati Research Base zu allen Dokumenten des 13. Bandes der Schwedenkiste – solange wir in einer Tabelle die 124 Dokumente benennen, zu denen sodann die eingehenden Informationen aus der Datenbank abgefragt werden. Wir könnten dagegen nicht das FactGrid beauftragen, selbstständig eine Liste zu finden – etwa indem in einem ersten Arbeitsgang alle “Korrespondenzen” ausfindig gemacht werden, und in dieser Menge die Teilmenge der mit dem Illuminatenorden verbundenen zu der (bislang von Hand gepflegten) Liste der Korrespondenz des Illuminatenordens zusammengesetzt wird.

Die Einrichtung des Query-Service steht in der Wikidata-Entwicklung auf dem Programm. Es wäre zu klären, wann hier die Realisierung anvisiert ist.

3| Das FactGrid als Projekt-Plattform und Anbieter von Datenbankfunktionen für unabhängig agierende Projekte – Architekturfragen

Die WikiBase Technologie ist darauf eingerichtet, mit Wikis im selben Netzwerk (besser noch auf demselben Server) zu kooperieren. Die freie Konnektivität soll in einem der zukünftigen Arbeitsschritte realisiert werden. Grundsätzlich sind beim Neuaufbau der Ressource zwei verschiedene Architekturen denkbar mit eigenen Vor- und Nachteilen:

(A) Das bisherige Wiki bleibt bestehen; auf seinen Seiten werden in Zukunft unvermerkt Daten aus dem FactGrid eingespielt – so wie Wikipedia Info-Boxen derzeit bereits Daten von Wikidata beziehen. Beide Ressourcen müssen dazu auf im selben Netzwerk laufen.
(B) Bei der Alternative übernimmt das FactGrid als WikiBase Installation alle Funktionen des bisherigen Wikis (das danach aufgelöst wird). Dabei ist denkbar, dass verschiedene Projekte in einem eigenen “Namensraum” des FactGrids ihre Repräsentanzen aufbauen, und dort jeweilige Befunde bündeln und kommentieren.

Die erste Lösung ist für das laufende Illuminaten-Wiki bequem, jedoch keine Einladung an andere Projekte (diese werden nicht auf dem Uni-Erfurt Server Wikis aufbauen).

Die zweite Variante schließt die erste nicht aus und wird interessanter mit einem klareren Konzept der Leistungen, die das FactGrid übernimmt. Unser bestehendes Wiki wird sich absehbar auflösen, wenn das FactGrid auch nur mit der Leistungsfähigkeit des Reasonators Informationsseiten produziert, schlicht da 99% unserer Seiten Dokumenten und Personen gelten oder Übersichten über Dokumente und Personen anbieten.

Schon eine Datenbank, die Wissenschaftler auch nur benutzen können, um beliebige Personeninformationen abzulegen, wird von breitem Interesse sein, da es mit ihr spannend wird, Fachkollegen zu finden, die in dieselben Personengeflechte eindringen und dieselben Namen mit ganz anderen Informationen aus ganz anderen Dokumenten versehen.

Die folgenden Projektschritte sind mit der jetzigen Software möglich:

  1. die Einrichtung des FactGrids als WikiBase Installation (ist bereits geschehen unter der url http://factgrid.eu/, zu überlegen ist jedoch, ob wir die Ressource erneut auf Erfurts Uni-Server aufsetzen, das hat Vorteile der Reputation und langfristigen Sicherung aber auch mögliche Nachteile der Offenheit für Projektpartner anderer Unis),
  2. die Integration des zentralen Bestands strukturierter Daten aus den bislang geführten Tabellen zur Schwedenkiste und zu den Mitgliedern des Illuminatenordens,
  3. das Erreichen einer Funktionalität, mit der das FactGrid zu Dokumenten und Personen Seiten von der Qualität erzeugt wie der Reasonator sie aus Wikidata erstellt,
  4. Beratung der Wissenschaftler, die Interesse haben, mit dem FactGrid zu arbeiten, wie sie eigenständig Daten in die Ressource füllen – über (a) einzulesende Listen und (b) Eingabeschablonen,

Mit den folgenden Punkten sind Features und Tools berührt, die zum Teil für Wikidata anvisiert sind, bei denen jedoch kein Terminplan besteht, der sofort in eine Kooperationsvereinbarung einfließen könnte:

  1. die Einrichtung eines Datentransfers vom FactGrid zu Wikidata, der Forschungsdaten am Ende für Wikipedia-Artikel zitierbar macht,
  2. die Einrichtung von Query-Services, mit denen die Datenbank sich komplexer auswerten lässt,
  3. der Bau von Tools, mit denen sich Bewegungungsprofile und Beziehungsgeflechte insbesondere auf Landkarten visualisieren lassen,
  4. der Bau von Tools, mit denen sich institutionelle Geflechte und Informationsflüsse in diesen skizzieren lassen,
  5. die Arbeit an technischen Lösungen, mit denen sich vage Informationen zu Personen akkumulieren und verfestigen lassen. (Der Forscher hat einen Namen, ein Datum und einen Ort und will erfassen, ob bereits Personen in dieser oder anderen Ressourcen bekannt sind, die hinter diesem Namen stecken könnten. Er will seinen einmaligen Datenpunkt hier ablegen können, auf dass andere Forscher, die einen ähnlichen Namen finden, mit der Möglichkeit experimentieren können, dass dies Informationen zur selben Person sind.)

4| Wie steht das FactGrid zu anderen Datenbanken und ihm angebotenen Daten?

Die komplementäre Frage der Architektur unserer Ressource wird sein, wie wir mit bereits bestehenden Datenangeboten und Datenbanken umgehen sollen – mit dem Katalog der Forschungsbibliothek, der bereits Informationen zu uns interessierenden Materialien und Personen enthält, mit der GND-Datenbank, die Kontakt zu uns aufnahm, um Mitgliedschaften im Illuminatenorden zu verifizieren, mit Daten in Wikidata. Eine grundlegende Frage ist hier, ob Forschungsprojekten mit Übernahmen von Daten gedient ist, die bereits andernorts betreut werden (wir haben danach das Problem, dass wir sie im FactGrid aktuell halten müssen, indes den Vorteil, dass wir viele Strukturen nicht selbst anlegen müssen). Das Gegenmodell ist die Ressource, die in Zukunft Datenbank-Informationen miteinander verbindet, und gerade hier zeichnet sich die große Leistungsfähigkeit des Wikidata Projektes ab.

5| Könnte man die Digitalisate der Schwedenkiste auf Wikimedia Commons veröffentlichen?

Vom Gothaer Illuminatenprojekt aus wäre das eine Wunschlösung (siehe auch hier). Die Dokumente, über 21.000 Filmaufnahmen, wurden von uns in den letzten drei Jahren komplett digitalisiert. Die Verfügungsrechte liegen jedoch bei der deutschen Freimaurerei in Händen der Großloge “Zu den drei Weltkugeln”, die die Akten als Depositum im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz der Forschung zugänglich macht. Eine Kooperationsvereinbarung mit dem Ziel einer Erschließung unter den Augen der Öffentlichkeit wäre hier zwischen vier Partnern zu arrangieren, in Anbetracht des immensem öffentlichen Interesses am Illuminatenorden (und in Anbetracht der kursierenden Missverständnisse) jedoch gerade der spannendste Schritt.

Für Wikimedia wäre die in Aussicht auf eine “Befreiung” der Digitalisate und deren Erschließung mit Beteiligung durch die internationalen Wikipedia-Community ein Projekt extrem hohen Interesses, bei dem sich ganz verschiedene Gruppen bis hin zu Wikisource-Community zusammentun würden.

6| Fragen der Beziehung zwischen den Kooperationspartnern

Wikimedia ist als “Verein zur Förderung freien Wissens” nicht in der Lage, als Dienstleister zu agieren, der technische Lösungen realisiert, sobald das Geld für diese von Auftraggebern aufgeboten wird. Wissenschaftliche Projekte agieren ihrerseits unter weitgehend denselben Bedingungen. Die beteiligten Forscher ziehen keinen unmittelbaren finanziellen Nutzen aus der Software. Sachmittel, die sie anbieten können, sind projektgebundene öffentliche Gelder.

Wikimedia kann behilflich sein, Personen zu finden, die auf Werkvertragsbasis Dienstleistungen erbringen – etwa um Tools zu bauen oder den Wissenschaftlern am Aufbau der Ressource als Coaches zu helfen.

Die anvisierten technischen Lösungen wie die Produktion öffentlich verfügbaren Wissens stehen darüber hinaus zum größeren Teil in beiderseitigem Interesse. Viele der angedachten technischen Problemlösungen sind mit dem Blick auf Wikidata diskutiert worden. Letztlich steht hier die Frage im Raum, welches Interesse Wikimedia daran hat, die Wikidata Software-Lösung ähnlich wie Wikis breiter verfügbar zu machen.

Die beteiligten Projektpartner müssen vorab auf ihren Seiten eruieren, welche Handlungsspielräume sie haben und in einer Kooperationsvereinbarung fixieren können.

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